Bipolare Störungen
Stimmungsschwankungen mit zwei extremen Gesichtern.
Ein Leben zwischen zwei Extremen: Bei einer biporalen – also mit zwei Polen versehenen – Störung gleicht das Leben einer Achterbahn der Gefühle. Anders als bei Stimmungsschwankungen, die jeder von uns kennt, sind bei dieser Erkrankung die Schwankungen extrem. Die Betroffenen führen ein Leben als Grenzgang zwischen zwei Polen. Auf Phasen mit guter Laune, hoher Dynamik, Energie, Tatendrang und tollen Ideen folgt das Gegenteil: Der Gemütszustand verändert sich im freien Fall, Energie und Antrieb sind wie weggeblasen, Angst und tiefe Traurigkeit dominieren die Gefühlswelt. Dazwischen liegen oft Zeiträume, in denen die Stimmung normal ist.
Früher nannte man die bipolare affektive Störung (BAS) auch manisch-depressive Erkrankung. Menschen mit einer bipolaren Störung leben im Spannungsfeld zwischen Manie und Depression, mit krankhaften Stimmungsschwankungen bzw. -veränderungen, die sich zwischen "himmelhoch jauchzend" (manisch) und "zu Tode betrübt" (depressiv) bewegen. Diese psychische Erkrankung hat sehr verschiedene und individuelle Ausprägungen. Sie verläuft in Episoden, die das ganze Spektrum der menschlichen Stimmungszustände widerspiegeln können.
Während sich Menschen in der Phase der Depression selbst als krank erleben, kann diese Selbstwahrnehmung in der Hypomanie (leichte Überaktivität, z. B. wie ein Workaholic) oder gar Manie (starke bis sehr starke Überaktivität) fehlen. Ein Grund, warum die Krankheit oftmals erst sehr spät erkannt wird. Dabei können eine rechtzeitige Diagnose und eine gezielte Behandlung den Krankheitsverlauf wesentlich verbessern.
Bei jedem Betroffenen zeigt sich die bipolare Störung anders. Die Phasen können sich entweder langsam aufbauen oder auch schlagartig beginnen. Ihre Länge variiert zwischen Wochen oder auch Monaten. Mal wechseln sich manische und depressive Phasen ab, mal folgen mehrere gleiche Phasen nacheinander, unterbrochen von normalen Stimmungsepisoden. Auch Mischzustände, mit Merkmalen einer Depression und einer (Hypo-)Manie sind möglich.
Hypomanie ist eine abgeschwächte Form der Manie. Hypomanische Menschen stecken voller Energie und Kreativität, wirken aber nervös, zerstreut und überreizt.
Eine schwere depressive oder manische Episode wird in Einzelfällen auch von psychotischen Symptomen begleitet. Diese können erschreckend sein, da Betroffene dann an Wahnvorstellungen leiden, sich verfolgt fühlen und mitunter halluzinieren.
Typische Anzeichen einer bipolaren (Hypo-)Manie
- Die Stimmung ist gehoben oder gereizt
- Man ist ruhelos, hat tausend Ideen und immense Schaffenskraft, redet gerne
- Man ist zerstreut, lässt sich leicht ablenken
- Das Schlafbedürfnis sinkt
- Es kommt Selbstüberschätzung hinzu, bis hin zum Größenwahn
- Die sexuelle Lust ist hoch, die Bindungsfähigkeit sinkt
- Der Alkoholkonsum steigt, die Geldausgaben ebenso
- Das Verhalten wird riskant, distanzlos und ungehemmt
Typische Anzeichen einer bipolaren Depression
- Man ist schwermütig, niedergeschlagen, die Stimmung ist gedrückt
- Der Antrieb versiegt, man fühlt sich nichts wert
- Die Gleichgültigkeit steigt, man hat an nichts mehr Interesse
- Man hat das Gefühl, nichts mehr zu empfinden
- Zu Schuldgefühlen kommt das Gefühl der Wertlosigkeit
- Der Appetit ändert sich und Schlafstörungen stellen sich ein
- Konzentration und Aufmerksamkeit lassen nach
- Die Zukunftsperspektiven erscheinen negativ und pessimistisch
- Wiederkehrende Gedanken an den Tod bis zum Suizid
Meist beginnen bipolare Störungen im jungen Erwachsenenalter, schätzungsweise leiden ca. 1 – 3 Personen von 100 Menschen an einer bipolaren Störung. Es wird von mehreren auslösenden Faktoren in Wechselwirkung ausgegangen. Hierbei spielen genetische, familiäre Verflechtungen eine starke Rolle. Angehörige von Betroffenen (z. B. Kinder) haben ein zehnfach erhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken. Dazu kommen besondere Lebenserfahrungen, extreme Ereignisse im Leben, Stress und Überlastungsfaktoren. Es spielen also sowohl biologische, als auch psychosoziale Faktoren eine Rolle, die sich aufsummieren.
Die Krankheit kann sich sehr unterschiedlich zeigen, ihre Dauer kann zwischen Tagen, Monaten bis zu Jahren variieren, manische und depressive Phasen können nacheinander auftreten, sich jedoch auch vermischen. Mal überwiegen manische, mal depressive Episoden oder innerhalb einer manischen Episode wechselt die Phase in eine Depression.
Wir unterscheiden zwischen
- Bipolar-I-Erkrankungen mit überwiegend manischen und depressiven Episoden und
Bipolar-II-Erkrankungen mit vornehmlich depressiven Episoden und - ausschließlich hypomanischen Episoden (also keine Manien).
Eine Sonderform der bipolaren Störung ist der „Rapid Cycling-Typ“. Wie es der Name sagt, wechseln die Phasen hier sehr rasch bzw. es treten mindestens vier Phasen einer Depression oder Manie im Jahr auf. Die Wechsel können auch sehr schnell, z. B. innerhalb eines Tages, stattfinden.
Auch können gemischte Episoden, bei denen zeitgleich sowohl depressive als auch manische bzw. hypomanische Symptome auftreten, vorkommen. Diese Symptome können von Tag zu Tag oder von Stunde zu Stunde wechseln.
Durchschnittlich dauert eine Krankheitsepisode bei unbehandelten Patienten zwischen vier und zwölf Monaten. Zwischen den Episoden können beschwerdefreie Intervalle von mehreren Monaten oder Jahren liegen, hier sind die Patienten meist voll leistungsfähig und leben ihren Alltag ganz normal. Meist sind Patienten mit bipolaren Störungen zwischen den einzelnen Krankheitsepisoden zwei bis drei Jahre beschwerdefrei. Manche Patienten haben im Laufe ihres Lebens nur ein oder zwei Episoden, andere erkranken häufiger.
Im Spannungsverhältnis von Manie und Depression fällt es Erkrankten schwer, ein geregeltes Leben zu führen. Unbehandelt treten die Stimmungsepisoden meist immer stärker auf und beeinträchtigen Partnerschaft, Familie und Berufsleben auf das Äußerste. Wird die bipolare Störung jedoch erkannt, ist sie heute gut behandelbar.
Für die Therapie von bipolaren Störungen gibt es vielfältige Behandlungsmöglichkeiten. Zunächst geht es um die Akutbehandlung, in der der Patient aus seiner momentanen Phase herausgeholt wird. Hat sich die Situation gebessert, beginnt die Erhaltungstherapie, um den Patienten stabilisieren und einen zeitnahen Rückfall zu verhindern. Hat sich die Lage des Patienten normalisiert, beginnt die Prophylaxe, um langfristig weitere Krankheitsepisoden zu verhindern und den Patienten wieder privat und beruflich in den Alltag einzugliedern.
So unterschiedlich, wie bipolare Störungen sich darstellen, so individuell ist ihre Therapie bei uns. Fachärztinnen und Fachärzten der Psychiatrie, erfahrene approbierte Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Ernährungs- und Sporttherapeuten erarbeiten gemeinsam die für Sie sinnvolle Behandlungsstrategie. Das gilt von der akuten bis zur vorbeugenden (sogenannten phasenprophylaktischen) Behandlung. Ziel unserer Spezialisten ist die Normalisierung Ihrer Stimmung, des Antriebes und Schlaf-Wach-Rhythmus sowie der Verhinderung weiterer Krankheitsphasen. Dies ergänzen wir durch Aufklärung (Psychoedukation), Psychotherapie, Ergotherapie, Sport und Bewegung, sowie stationär durch die aktive Zusammenarbeit mit Ihrem Team aus erfahrenen Therapeuten und pflegerischem Personal, das Sie betreut, aufbaut und einbindet, damit Sie wieder autonom werden. Bei uns finden Sie eine angenehme Atmosphäre vor, in einem Miteinander unseres gesamten Expertenteams ist unser Ziel, Sie optimal zu behandeln, um Sie wieder in ein dauerhaft stabiles seelisches, körperliches und geistiges Gleichgewicht zu bringen.
Eine bipolare Störung ist sehr komplex, daher ist es wichtig, geschulte Ärzte oder Psychologen aufzusuchen. Häufig haben die Menschen Scheu, sich Spezialisten anzuvertrauen oder sind nicht genug informiert. Dabei können eine rechtzeitige Diagnose und eine gezielte Behandlung den Krankheitsverlauf wesentlich verbessern.
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Abhängig von der Diagnose bieten wir Therapien an verschiedenen Standorten an